Umstrukturierung

Von daher weht der Wind zur Neuordnung

Mutmaßlich sechs Gründe haben dazu geführt, dass das Rektorat der Paris Lodron Universität Salzburg eine Strukturreform für notwendig empfindet. Der Finanzierungsdruck stellt die Hochschule vor eine Herausforderung, aber auch der Wettbewerb mit anderen Universitäten. Durch klare Maßnahmen soll die PLUS nach außen sowie nach innen hin gestärkt und für die Zukunft gerüstet werden. 

Text: Tanja Gallhammer

STEIGERUNG DER PRÜFUNGSAKTIVITÄT 

Die Anzahl der prüfungsaktiven Studien an der Paris Lodron Universität Salzburg sinkt seit Jahren kontinuierlich. Im Studienjahr 2016/17 wurden noch 9.348 Studien mit diesem Status bewertet, 2017/18 reduzierte sich die Zahl auf 9.305. Ein Jahr später riss die Statistik nach unten aus, insgesamt nur mehr 9.176 aktive Studien wurden verzeichnet. Die Herausforderung: Als prüfungsaktiv werden Student*innen derzeit erst dann eingeschätzt, wenn pro Studienjahr mindestens 16 ECTS-Punkte oder mindestens acht Semesterwochenstunden positiv absolviert werden. Durch das neue Finanzierungssystem stellt die Anzahl an prüfungsaktiven Studien an der Universität seit Anfang 2019 einen wesentlichen Faktor in der Universitätsfinanzierung dar. Dies hat auch die Paris Lodron Universität Salzburg unter Druck gesetzt. Die zu niedrige Prüfungsaktivität kann somit als einer der Auslöser für die Strukturreform angesehen werden. 

Das Ziel aus der PLUS-Leistungsvereinbarung für das entscheidende Studienjahr 2019/20 sind 9.711 prüfungsaktive Studien. Der Vizerektor für Lehre und Studium Martin Weichbold geht davon aus, dass die Zielwerte der prüfungsaktiven Studien in diesem Studienjahr in den Fächergruppen 2 und 3 übertroffen werden können. In der Fächergruppe 1 bleibt die PLUS aber laut Prognosen unter den Vorgaben. Um die Prüfungsaktivität steigern zu können, werden diverse Maßnahmen und Anreize gesetzt. Eine Aktion wurde bereits im März 2020 gestartet: Drei ÖBB-Gutscheine im Wert von je 500,– Euro wurden an Studierende verlost, die im Wintersemester nur maximal 10 ECTS erworben haben. Sind diese Student*innen durch das Sommersemester auf insgesamt 20 ECTS gekommen, konnten sie an dem Gewinnspiel teilnehmen. 

DRUCK DURCH DIE UNIVERSITÄTSFINANZIERUNG 

Die Vorgaben für die Prüfungsaktivität sind auf die Finanzierung der Hochschulen zurückzuführen. Denn das Finanzierungssystem der österreichischen Universitäten wurde mit Anfang 2019 grundlegend erneuert. Dies brachte neue Zielvorgaben für die Einrichtungen mit sich. Die Grundlage dafür bildet die „Universitätsfinanzierung Neu“, die mit der Novelle des Universitätsgesetztes im Frühjahr 2018 als „kapazitätsorientierte, studierendenbezogene Universitätsfinanzierung“ eingeführt wurde. Prinzipiell gilt der Grundsatz, dass die Universitäten umso mehr Budget bekommen, je besser sie die Ziele des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) umsetzen. Wichtige Kennzahlen sind dabei mehr Abschlüsse im tertiären Bildungsbereich, ein wettbewerbsfähiger Hochschul-und Forschungsraum sowie ein hoher Grad an Spitzenforschung. 

Zur Messung dieser Ziele wurde ein Drei-Säulen-Modell entwickelt. Die erste Säule umfasst den Beitrag der Lehre, bei der die Prüfungsaktivität den größten Stellenwert einnimmt. Die zweite Säule bildet der Teilbeitrag für die Forschung und die Entwicklung und Erschließung neuer Künste. Hier geht es darum, wie viel wissenschaftliches oder künstlerisches Personal die Universität einsetzt – multipliziert mit einem Finanzierungssatz pro definierter Fächergruppe. Diese beiden Säulen werden anhand von Indikatoren, also Zielwerten, berechnet. Die dritte Säule stellt das Budget für Infrastruktur und strategische Entwicklung dar. Dies kann beispielsweise die Raummiete betreffen. Mithilfe dieser Berechnung wird der Großteil des Gesamtbudgets an die Universitäten verteilt. Das bringt einen starken Druck auf die Universitäten mit sich. 

Weitere 400 Millionen Euro werden über sogenannte Wettbewerbsindikatoren an die Universitäten vergeben. Je erfolgreicher eine Hochschule bei der Erreichung der dafür gesetzten Ziele ist, desto mehr bekommt sie aus der Summe. Die Ziele betreffend der Lehre sind es, möglichst viele Absolvent*innen hervorzubringen und einen hohen Anteil an Studien mit mindestens 40 ECTS pro Studienjahr zu erreichen. In der Forschung betrifft dies strukturierte Doktoratsprogramme und die Einwerbung von Drittmitteln. 

DROHENDE BUDGETRÜCKZAHLUNGEN 

Die Paris Lodron Universität Salzburg konnte, wie auch andere Universitäten Österreichs, die Budgetziele für das Studienjahr 2019/20 nicht erreichen. Das bedeutet, dass Rückzahlungen an das Bundesministerium erfolgen müssen. Aufgrund der außerordentlichen Situation durch Covid-19 wurde bereits ein Drittel der möglichen Rückzahlungen vom Bundesministerium erlassen. Rektor Henrik Lehnert von der Salzburger Hochschule rechnet mit einer Summe von 1,5 Millionen Euro, da durch die Bemühungen die Prüfungsaktivität doch noch gesteigert werden konnte. Ursprünglich habe er mit fünf Millionen Euro an Rückzahlungen gerechnet. Mit der Strukturreform erhofft man sich auch eine bessere Strukturierung der Fachbereiche, was wiederum der Prüfungsaktivität zugutekommen soll. 

SCHWACHE DRITTMITTELFINANZIERUNG 

Eine erfolgreiche Drittmitteleinwerbung ist ein quantitatives Qualitätsmerkmal für Universitäten. Sie zielt darauf ab, Partner*innenschaften für beispielsweise die Finanzierung von Forschungsprojekten mit Unternehmen oder Institutionen zu schließen. Außerdem spielt sie eine zentrale Rolle in der Entwicklung des wissenschaftlichen Personals und der Erschließung sowie Stärkung neuer Themenfelder. Im Vergleich zu anderen österreichischen Hochschulen zeigt sich ein Steigerungsbedarf. Denn die Drittmittelerlöse an den Universitäten Wien, Innsbruck, Graz und Linz haben sich seit 2010 kontinuierlich gesteigert. Im Gegensatz dazu ist die Entwicklung an der Paris Lodron Universität Salzburg eher rückläufig oder stagniert. Der rückläufige Trend zeigt sich vor allem bei Kooperationen mit Unternehmen und bei EU-Mitteln. Der Anteil an Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung hat dagegen in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Ein weiteres Ziel der Strukturreform ist es daher, die Drittmitteleinwerbung zu steigern. Dadurch soll ein weiterer Mehrwert für die Wissenschaftler*innen geschaffen werden und die Hochschule kann gegenüber anderen Universitäten „marktfähig“ bleiben. 

AUSSENAUFTRITT UND KOMMUNIKATION 

In einem weltweiten Vergleich erzielt die Paris Lodron Universität Salzburg unter den besten tausend Universitäten laut dem Vorschlag des Rektorates zur Strukturreform ein „akzeptables Ergebnis“. Daher sollen durch die geplanten Maßnahmen ebenso diese Positionen verbessert und auch im Vergleich zu den weiteren österreichischen Universitäten eine bessere Platzierung erlangt werden können. Dies geht mit dem Außenauftritt der Universität einher. Die gesamte Außenwirkung sowie die Kommunikation sind daher Bausteine der Strukturreform. Bereits zu Jahresbeginn 2020 wurde zur Stärkung der Kommunikation ein neuer Marken- und Kommunikationsprozess losgetreten. Das Kommunikationskonzept trägt den Leitspruch „Universität Salzburg. PLUS. Kompetenz für morgen“. Mithilfe dieses Konzeptes möchte die Hochschule ihre Sichtbarkeit und Attraktivität über alle Kanäle hinweg erhöhen. Dafür ist bereits eine neue Homepage in Arbeit, das erneuerte Logo bildet den Beginn des überarbeiteten Außenauftritts. Auch intern sollen die Kommunikation und Interaktion gestärkt werden.

DIGITALISIERUNGSOFFENSIVE

Es ist kein Geheimnis, dass es von Seiten der Salzburger Landespolitik die Hoffnung gab, Salzburg würde eine neue Technische Universität bekommen. Denn hier wurde schon vor der Verkündung des zukünftigen Standortes an einer digitalen Fakultät getüftelt. Die neue TU soll allerdings – entgegen der Erwartungen – an Linz gehen. Trotz allem will sich die Paris Lodron Universität Salzburg im Rahmen der Digitalisierungsoffensive selbst mit mehr Digitalisierung für die Zukunft rüsten. In der Strukturreform ist aus diesem Grund eine Fakultät für Digitale und Analytische Wissenschaften geplant. Laut Rektor Hendrik Lehnert sei das Thema Digitalisierung in der neuen Universitätsstruktur als transdisziplinär zu verstehen und soll damit fakultätsübergreifend Einzug finden. Im Zuge dessen soll ein neues Bachelorstudium „Artificial Intelligence“ und ein interdisziplinär orientiertes Masterstudium mit demselben Titel eingerichtet werden. 

Titelbild: Shutterstock / Andrea Schernthaner
Dieser Artikel ist im PUNKT. 02/20 erschienen.