Umstrukturierung

Sparkurs vermindert Studienassistenz-Stellen

Sparen an der falschen Stelle oder kritische Beurteilung der Nachbesetzung freiwerdender Stellen? Die Reduktion der Studienassistenzstellen im Studienjahr 2020/21 ist nicht nur eine rationale Überlegung, es stehen persönliche Schicksale dahinter. (Ehemalige) Studienassistentinnen berichten von den Auswirkungen der Kürzungsmaßnahme. 

Text: Katharina Kreisa

„Es ist schön, einen Blick hinter die Kulissen auf die Forschung und Organisation der Lehrveranstaltungen und Publikationen werfen zu können“, sagt Claudia Simair. Diesen Blick hat sie seit den Kürzungen der Studienassistenzstellen aber nicht mehr. Mit Wintersemester 2020 verlor die 26-Jährige ihre Anstellung als Assistentin am Programmbereich zeitgenössische Kunst und Kulturproduktion. Insbesondere durch Lehrveranstaltungen in fortgeschrittenen Semestern oder über Forschungsprojekte könne ebenfalls ein Einblick gewonnen werden, beschwichtigt Vizerektor für Lehre und Studium sowie Universitätsprofessor Martin Weichbold. Auch wenn er im Grunde genommen dieselbe Meinung wie die Studentin vertritt. 

„Man konnte lange nicht sagen, ob, was und wieviel gekürzt wird.“ 

Claudia Simair, Studentin der Philosophie 

Claudia Simair 

Die 26-Jährige wohnt in Salzburg und befindet sich im zehnten Semester ihres Philosophiestudiums. Bevor sie am Programmbereich zeitgenössische Kunst und Kulturproduktion tätig war, assistierte sie am Fachbereich Philosophie KTH. 
Foto: beigestellt

Aufgrund der aktuellen budgetären Lage hat die Universität Salzburg einen Sparkurs einschlagen, die Kürzung der Studienassistenzstellen auf 60 Prozent soll insgesamt 800.000 Euro einsparen. Nach intensiven Diskussionen und einem Abwägen zwischen Auswirkungen auf die Fachbereiche und budgetären Effekten wurde die Entscheidung getroffen. „Diese Maßnahme ist für das aktuelle Studienjahr festgelegt“, sagt Weichbold. „Ich hoffe sehr und bin auch optimistisch, dass wir im nächsten Studienjahr mehr Ressourcen zur Verfügung haben und das Kontingent wieder erhöhen können.“ Von insgesamt rund 6.200 Stunden pro Woche stehen für dieses Semester 3.700 Stunden zur Verfügung. Dabei wurden den Fachbereichen Stundenkontingente zu gewiesen, sie können selbst die Verteilung der Einheiten vornehmen. Als Vorgabe ist ein Minimum von zehn Wochenstunden und ein Maximum von 20 Stunden pro Anstellung im Kollektivvertrag vorgegeben. Damit soll der Studienfortschritt der Assistent*innen nicht gefährdet werden. 

RARES GUT: STICHHALTIGE INFORMATIONEN

Wie wurde aber nun der Abbau der Stellen kommuniziert? „Die endgültige Maßnahme bezüglich der Kürzung der Stellen hat uns Anita Moser, die Ansprechperson für Studienassistenzen am Programmbereich Zeitgenössischer Kunst und Kulturproduktion, mitgeteilt. Mit Informationen, die uns Studienassistent*innen betreffen, aus den zahlreichen Sitzungen, hat uns zuvor Elke Zobl, die Leiterin des Programmbereiches, auf dem Laufenden gehalten“, beschreibt Simair. „Man konnte aber lange nicht sagen, ob, was und wieviel gekürzt wird. Ich hatte den Eindruck, dass auch die Leitungen vom Schwerpunkt und Programmbereich sehr wenig stichhaltige Informationen vom Rektorat bekommen haben.“ Am Fachbereich Kommunikationswissenschaft war der Informationsfluss etwas holpriger. „Ich wurde durch einen Newsletter per Mail auf den Abbau aufmerksam. Es war eine ungewisse Situation rund um die Anstellung der Studienassistent*innen“, meint Michaela Jahn, Studienassistentin der Abteilung Mediennutzung und Digitale Kulturen. Anders als die beiden Studentinnen sieht das Vizerektor Weichbold. „Als fixer Job waren die Studienassistenzstellen nie gedacht. Es sind befristete Anstellungsverhältnisse für vier Monate. Sie werden jedes Semester neu ausgeschrieben. Eine wiederholte Anstellung ist möglich und in gewissem Maße auch sinnvoll. Es sind aber keine Dauerstellen“, betont er. 

Die Vorsitzende der Studienvertretung Politikwissenschaften, Mirella Werthmann, spricht in Anbetracht der Entwicklungen von einer Frechheit, da Studienassistent*innen gerade im „Corona-Semester“ mehr Aufwand geleistet hätten. Den guten Zeitpunkt für eine Kürzung gäbe es aber ohnehin nie, gibt Weichbold zu Bedenken, mit der aktuellen Situation müsse man zurechtkommen. Er zeigt sich aber verständnisvoll und lobt die Arbeit der Studienassistent*innen in hohen Tönen. Es handle sich lediglich um eine kritische Beurteilung der Nachbesetzung freiwerdender Stellen, äußerte sich der Vizerektor Ende Juli 2020 in Salzburg24 zu den Kürzungen. Es müsse diskutiert werden, ob die Assistenzstellen unbedingt notwendig seien oder ob sie reduziert werden können. „Das Ganze so nüchtern zu betrachten, ist ein schwacher Trost. Ich hätte die Arbeit gerne noch weiter gemacht und der Programmbereich hätte mich gerne auch noch ein weiteres Semester angestellt“, argumentiert Simair.

Scharfe Kritik äußern Studienvertreter*innen im September in der Kronenzeitung, statt relevante Stellen zu streichen, solle sich die Universität Salzburg lieber auf eine Professionalisierung der digitalen Lehre konzentrieren. Dieses Argument ist für Vizedirektor Weichbold nicht nachvollziehbar. Er meint: „An dieser Professionalisierung arbeiten wir gerade. In den vergangenen Sommerferien wurden die Hörsäle und Seminarräume der Universität technische ausgerüstet. Die Arbeitsplätze der Dozent*innen wurden streamingfähig gemacht. Die Lernplattform wurde auf den neusten Stand gebracht und hinsichtlich Speicherkapazität und Performance verbessert. Den Lehrenden wurden entsprechende Schulungen und Unterlagen bereitgestellt. Genauso bieten wir laufend Hilfe und Unterstützung bei Fragen und Problemen.“ 

„Ich bin optimistisch, dass wir im nächsten Studienjahr das Kontingent wieder erhöhen können.“ 

Martin Weichbold, Vizerektor für Lehre und Studium 

Martin Weichbold 
Der 51-jährige ist außerordentlicher Univ.-Prof. für Soziologie mit Schwerpunkt empirische Sozialforschung und seit Oktober 2019 Vizerektor für Lehre und Studium. Zuvor war er bereits Dekan an der Kultur- und Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät und Leiter des Fachbereichs Politikwissenschaft und Soziologie. 
Foto: Scheinast

MEHR ZUSTÄNDIGKEITEN, GLEICHE STUNDENZAHL

Was der Stellenabbau für Betroffene bedeutet, darüber sind die Meinungen gespalten. „Der Abbau der Studienassistenzstellen stellt eine organisatorische Herausforderung dar. Im Vergleich zu dem vorherigen Semester bin ich nun für drei Dozent*innen zuständig. Die Stundenanzahl ist ähnlich, aber die Zuständigkeiten sind mehr“, sagt Jahn. Und weiter: „Ich bin dennoch froh darüber, mehr Erfahrungen sammeln zu dürfen.“ Sie habe aber Mitgefühl mit den betroffenen Dozent*innen, diese müssen mit derselben Stundenanzahl zusätzlich die Arbeit der Assistent*innen kompensieren. „Für mich bedeutet der Abbau der Studienassistenzstellen sparen an der falschen Stelle. Durch die Assistenzen investiert die Universität in zukünftige Forscher*innen“, fährt Jahn fort. 

„Für mich bedeutet der Abbau der Studienassistenzstellen sparen an der falschen Stelle.“ 

Michaela Jahn, Studienassistentin Abteilung Mediennutzung und Digitale Kulturen 

Michaela Jahn 
Die 31-Jährige ist in Salzburg wohnhaft und im vierten Semester Master Kommunikationswissenschaft. Zuvor hat sie neben dem Bachelor in Kommunikationswissenschaft auch jenen in Pädagogik absolviert. Jahn ist bereits das dritte Semester als Studienassistentin in der Abteilung Mediennutzung und Digitale Kulturen tätig. Außerdem assistiert sie aufgrund der Umstrukturierung seit diesem Semester auch in der Abteilung Kommunikationstheorien und Öffentlichkeiten. Pro Woche ist sie für zwölf Assistenzstunden und eine Tutor*innenstunde angestellt. 
Foto: beigestellt

Die Studienassistenz gibt nicht nur einen Blick hinter die Kulissen, sondern trägt für manche Studierende einen wichtigen finanziellen Beitrag zum Studium bei. „Das Budget für die Stelle, die ich hatte, wurde gekürzt. Seitdem bin ich auf der Suche nach einem Job, um mein Studium weiter finanzieren zu können. Durch die Pandemie wird die Jobsuche zusätzlich erschwert“, berichtet Claudia Simair. Besonders schätzt sie, dass sich das Team vom Programmbereich lobenswert für die beiden Assistenzstellen eingesetzt habe. Es sei nur leider vertane Liebesmühe gewesen, auch die Zukunftsaussichten seien nicht rosig. „Ich bezweifle leider stark, dass es während des aktuellen Rektorats diese Studienassistenzstellen nochmals geben wird. Rektor Lehnert scheint andere Pläne mit der Universität zu haben, als kleine Fachbereiche, Schwerpunkte und Zentren zu fördern“, befürchtet Simair. Auf Seiten der Dozent*innen trifft diese Entscheidung nicht nur auf positive Resonanz, scheint aber auch nicht auf die Barrikaden zu locken. „Studienassistent*innen sind eine wichtige Unterstützung im Lehr- und Forschungsbetrieb“, ist sich Weichbold bewusst und ergänzt: „Die meisten Dozent*innen hatten aber Verständnis für diese Maßnahme, zumal sie ja nicht langfristig gelten soll.“ 

Titelbild: Andrea Schernthaner

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Tara Dirala im UniTV-Interview mit Vizerektor Martin Weichbold.
Dieser Artikel ist im PUNKT. 02/20 erschienen.