Umstrukturierung

Digitale Normalität

Der digitale Wandel ist das Thema der Zeit. Wer vorne mit dabei sein will, muss die Möglichkeiten, an einer modernen Gesellschaft teilzunehmen, nutzen. So auch an der Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS), die bis zur Corona-Virus-Pandemie im Großen und Ganzen durch eine analoge Lehre geprägt war. Mit einer Digitalisierungsoffensive will das Rektorat am Ball bleiben. 

Text: Alexandra Embacher

„Kann man mich hören?“ Ein fragender Blick in die Runde. Es dauert schier endlos lange Sekunden, bis eine Antwort aus dem Podium kommt. „Ja, wir können Sie hören.“ Mit März und dem ersten Corona-Lockdown wurden Studierende wie Lehrende kalt in die digitale Welt der Lehre geworfen. Cisco Webex Meeting statt Hörsaal 381 – wie bei vielem ohne Planung lief zu Beginn alles etwas chaotisch ab. Studierende wurden aus dem System gekickt, Stimmen der Lehrenden verstummten oder hallten aufgrund eines Defekts. „Bitte schaltet alle die Mikrofone aus“ war zu dieser Zeit ein goldener Rat. Um ein Update war man bald bemüht. 

Im Wintersemester laufen die Kurse, was das Technische angeht, schon runder. Bedenken bezüglich des Datenschutzes der Teilnehmer*innen von Videokonferenzen scheint man an der PLUS bislang aber keine großen zu haben. Hintergrund: Neben Zoom und Microsoft Teams steht auch das Tool Webex nach einer Prüfung der Berliner Aufsichtsbehörde im Juli 2020 in der Kritik. Insbesondere seien die Regelungen zum Einsatz von Unterauftragnehmer*innen sowie die Regelungen zur Löschpflicht nach Vertragserbringung in den Verträgen bedenklich. Ebenso die Non-Profit-Organisation Consumer Reports sieht einige Aspekte des Tools kritisch. Nach ihr kann Webex gemäß seiner Datenschutzrichtlinien während einer Videokonferenz Daten sammeln, diese mit Informationen von Datenbrokern kombinieren und auf die Videos zugreifen, um beispielsweise Gesichtserkennungssysteme zu trainieren. 

ANWEISUNG AUS WIEN

Webex ist aber nicht das einzige digitale Tool, mit dem Studierende und Lehrende an der Universität konfrontiert sind. „Das Thema Digitalisierung ist kein neues und betrifft alle Bereiche der PLUS von Forschung, Lehre bis zur Administration“, sagt die Vizerektorin für Forschung und Nachhaltigkeit Nicola Hüsing. „Projekte wurden und werden kontinuierlich im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten umgesetzt – gerade jetzt auch getriggert durch das größere Ausmaß an Online-Lehre.“ Die Realisierung eines dieser Projekte ging Mitte Juni, kurz vor den Prüfungen, über die Bühne. Die Lernplattform Blackboard wurde einem Update unterzogen. Nicht nur optisch ist Blackboard Ultra wenig mit dem Vorgänger vergleichbar, neue Funktionen lassen darüber hinaus einen größeren Spielraum in der Lehre zu. Und nicht zuletzt soll auch die unübersichtliche Webseite der Universität einem Relaunch unterzogen werden. „Wir hoffen, dass wir nach der erfolgreichen Migration der Daten und in Abstimmung mit den Organisationseinheiten der PLUS im Frühjahr 2021 live gehen können.“ Eine Sneak-Preview-Version ist an alle Mitarbeiter*innen der Hochschule mit der Bitte um Kommentierung geschickt worden.

Alleinig aus Salzburg kommen die Bemühungen um eine Digitalisierung der Hochschule aber nicht, die digitale Transformation ist ein wesentlicher Schwerpunkt in den Leistungsvereinbarungen 2019 bis 2021. Dazu hätte die PLUS die „Potenziale in ihren Verantwortungsbereichen voll auszuschöpfen und die Hochschule 4.0 vorzuleben – und zwar in allen Bereichen“, wird auf der Webseite des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung kund gemacht. Ergänzt wurden die gewünschten Agenden aus der Leistungsvereinbarung, auf der unter anderem die Finanzierung der Universitäten beruht, mit der Ausschreibung „Digitale Transformation in der Hochschulbildung“. Explizit strukturverändernde, richtungs- und zukunftsweisende Projekte, „die das Potenzial haben, das gesamte Universitäts- und Hochschulsystem innovativ und leistungsfähig für das digitale Zeitalter zu gestalten“ seien gewünscht.

Nicola Hüsing ist Vizerektorin für Forschung und Nachhaltigkeit.
Foto: Scheinast

Hierbei erhielt die PLUS den Zuschlag für zwei Projekte, die mit rund zwei Millionen Euro subventioniert werden: die Lernhilfe On Track – Aktiv Studieren durch die Verknüpfung Sozialer und Digitaler Welten und der Datenspeicher Austrian NeuroCloud. „In der Forschung werden Themen rund um die Digitale Transformation bei den meisten externen Fördergeber*innen eine zentrale Rolle spielen; allein im Horizon Europe Programm 2021 bis 2027 werden dafür zirka 8,2 Milliarden Euro zur Verfügung stehen“, beschreibt Hüsing. „Hier hoffen wir natürlich auf eine breite Beteiligung unserer Wissenschaftler*innen.“

AUSBAU DER TECHNISCHEN STUDIENGÄNGE

Eine optimale Struktur für die digitalen Aktivitäten will man dabei durch die Reform der Universität ermöglichen. Eines der vier Leitmotive legt den Fokus auf das „Digital Life“, in dessen Mittelpunkt der Mensch („Human-Centered Digitalization“) stehen soll. „Dadurch bringt die Universität neben ihren Kompetenzen im technologischen und Informatikbereich auch die enorme Stärke im Bereich der Gesellschafts- und Kulturwissenschaften, der Rechtswissenschaften, der Bio- und der Neurowissenschaften oder auch ganz wesentlich in der Ethik ein und kann sich profilieren“, erläutert die Vizerektorin. Gemeinsam mit dem Land Salzburg seien bereits Projekte im Bereich Digital Humanities in Planung, die Stärkung der Aktivitäten im Bereich „Artificial Intelligence“ wird angestrebt. In Medienberichten sieht Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) hierbei eine Möglichkeit, der Universität durch den Bereich Digitalisierung ein zusätzliches Profil zu geben. „Der Kontext ist für mich so nicht korrekt dargestellt“, berichtigt Hüsing. „Wir haben bereits ein Profil im Bereich der Digitalen Wissenschaften.“ Sie sehe aber einen deutlichen Mehrwert, wenn der interdisziplinäre Brückenschlag gelingen könne. 

„In der Forschung werden Themen rund um die Digitale Transformation bei den meisten externen Fördergeber*innen eine zentrale Rolle spielen.“ 

Nicola Hüsing, Vizerektorin für Forschung und Nachhaltigkeit 

Doch nicht nur fachbereichsübergreifend plant man in Salzburg den Ausbau des Studienangebots: Mit der Strukturreform ist eine Fakultät für Digitale und Analytische Wissenschaften in Vorbereitung, dem Randdasein in der Technik- und Digitalisierungsausbildung will man damit entgehen. Für kurzzeitige Verunsicherung sorgte die Ankündigung einer neuen Technischen Universität in Linz durch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), von Verwunderung und Ärger unter Expert*innen schreibt Der Standard. In Salzburg hält das Rektorat trotzdem an den Plänen fest, wie die Vizerektorin für Forschung und Nachhaltigkeit bekräftigt: „Die PLUS hat im digitalen Bereich ausgewiesene Kompetenzen, wir müssen uns hier nicht verstecken.“ Und weiter: „Zudem sehen wir die Fakultät für Digitale und Analytische Wissenschaften in einer sehr wichtigen Schnittstellenfunktion zu den anderen Fächern der PLUS.“ Im Frühjahr 2021 soll die Fakultät für Digitale und Analytische Wissenschaften bereits tätig werden.

Titelbild: Shutterstock / Andrea Schernthaner

Das könnte dich auch interessieren:

Tara Dirala im UniTV-Interview mit Vizerektorin Nicola Hüsing.
Dieser Artikel ist im PUNKT. 02/20 erschienen.