Umstrukturierung

Aus der Not wird eine Tugend

Abgesehen von der Coronavirus-Pandemie und der daraus resultierenden Online-Umstellung des Lernangebots war die Umstrukturierung ein Thema, das sich in der letzten Zeit hartnäckig auf die Tagesordnung der Paris Lodron Universität Salzburg gesetzt hat. Die Struktur der PLUS wird Veränderung erfahren, die auch positive Auswirkungen für die Akteur*innen bieten kann.

Text: Andrea Perasso

Die zentralen Punkte, die die Umstrukturierung der Paris Lodron Universität Salzburg mit sich bringt, betreffen mehrere Bereiche: Auf den ersten Seiten der Strukturreform „PLUS 2022“ wird auf einige wegweisende Absichten hingewiesen, die die Richtschnur sind, auf der alle weiteren Maßnahmen basieren sollen. Die Ziele, von denen sich diese Reform leiten lässt, sind unter anderem die Annäherung der Studierenden an eine wissenschaftlichere Herangehensweise, um sie in die Lage zu versetzen, sich Fertigkeiten und Fähigkeiten für das künftige Arbeitsleben anzueignen; die Entwicklung optimaler Bedingungen, die die Forschung auf nationaler und internationaler Ebene begünstigen; sowie das Bestreben, eine Referenzuniversität zu werden, um mehr wirtschaftliche, kulturelle und wissenschaftliche Bedeutung zu erlangen.

ENTGEGEN DER KOMMERZIALISIERUNGSTHESE  

Die Kritik an den Änderungsvorschlägen ist zahlreich und bereits artikuliert. Aber sicherlich kann man die Reformvorhaben, wie alles andere auch, nicht nur in schwarz-weiß denken. Eine Reihe von Grautönen und Schattierungen bilden das Wesen der Elemente. Eine zirkulierende Kritik ist, dass durch die Umstrukturierung und die hierfür notwendigen Maßnahmen die Paris Lodron Universität Salzburg zu einer „Maschine“ transformiert wird, die ihre Studierenden zum Gegenstand einer kommerziellen Nutzung für den Arbeitsmarkt macht. In Wirklichkeit ist diese Position exzessiv und unbegründet. Der Zweck scheint eher eine durchaus wertvolle Vorbereitung für das spätere Berufsleben zu sein, die Studenten*innen sollen daraus Vorteile ziehen. In diesem Zusammenhang werden Anstrengungen unternommen, um eine unprofitable Ausbildung junger Menschen zu vermeiden, die für einen unflexiblen Arbeitsmarkt untauglich sind. So können möglicherweise auch Phänomene wie die „Talent-Abwanderung“ oder die Jugendarbeitslosigkeit, die einige europäische Länder seit der großen Rezession im Jahr 2007 plagen, gekontert werden. Die eigentliche Kritik sollte in diesem Fall an der Logik des Arbeitsmarktes und an dessen Bestandteilen geübt werden, die unflexible Voraussetzungen fordern und der Jugendbeschäftigung nicht dienlich sind.

VERNÜNFTIGE DIGITALISIERUNG  

Ein starker und fast einhellig geteilter Punkt der Reform ist das Bestreben nach einer immer wichtiger werdenden Digitalisierung. Die Gesellschaft im Allgemeinen ist heute bereits in vielen Bereichen digitalisiert. Zusätzlich mit dem Aufkommen des Coronavirus wurde eine rasche Zunahme der Digitalisierung verzeichnet. Eine erfolgreiche Institution, die danach strebt, ihre Studierenden ebenso erfolgreich auszubilden, muss als Vorbild für den technologischen Fortschritt handeln. Darüber hinaus zielt die Digitalisierung nicht nur darauf ab, automatisierte Prozesse zu vereinfachen, zu beschleunigen und dadurch effizienter zu machen, sondern auch darauf, Interdisziplinarität zu fördern, die als Fundament eigener Fakultäten dient. Auf diese Weise kann man optimale Bedingungen für Studierende, Forschende, Professoren*innen und Mitarbeitende schaffen. 

INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN

Auch die Internationalität steht im Mittelpunkt der Reform. Projekte wie der „Double-Degree“, an dem z. B. die LUISS-Universität Rom und die Universität Olomuc beteiligt sind, sowie die Stärkung von Partnerschaften und Netzwerken können den Studierenden zugutekommen. Dadurch werden sowohl kulturelle als auch geografische Grenzen überwunden. In einer Welt, die als „globales Dorf“ bezeichnet wird, ermöglicht die internationale Betätigung von Student*innen eine kosmopolitische Vision zu schaffen, die heute fast unvermeidlich ist. Schon allein die Möglichkeit, den Studierenden ein Lernangebot in englischer Sprache anzubieten, ohne aus Salzburg umziehen zu müssen, stellt eine sprachlich adäquate Vorbereitung dar. Auf diese Weise würde die Entwicklung des internationalen Austauschs sicherlich profitieren. 

FORSCHUNG, UMWELT UND GESELLSCHAFT IM VORDERGRUND

Eine mögliche Chance dieser Reform basiert auf dem Schwerpunkt der Forschung. Die Einführung von Regeln zur Erleichterung von Open-Access- bzw. Open-Science- Projekten im Zusammenhang mit einer Zunahme von Digitalisierungsprozessen könnte sich langfristig als eine gut getroffene Entscheidung erweisen. Darüber hinaus sollen nationale und internationale Zusammenarbeit sowie „Third Mission“-Aktivitäten, das sind außerschulische Aktivitäten zur Sensibilisierung für verschiedene Themen, gestärkt werden. Auch die Förderung der Inklusion sowie die Sensibilisierung für Themen wie Geschlechtervielfalt wurden als Schlüsselpunkte für die pädagogische Entwicklung der Studierenden genannt.

Im sozialen Rahmen erleben wir Phänomene wie Massenmigration sowie eine exponentielle Zunahme der Anerkennung von LGBT-Rechten, die zunehmend Teil unseres Lebens sind. Eine kompetente Institution darf keine Themen vernachlässigen, die einen entscheidenden Einfluss auf unsere Gesellschaft haben. An dieser Stelle soll daran erinnert werden, dass Student*innen in dieser Hinsicht mehr als mit Wissen zu füllende Töpfe sind. Sie sind vielmehr ein Feuer an Interesse, das entfacht werden muss. Diese Flamme kann entzündet werden, indem man vor allem Konzepte, die Teil des jeweiligen Alltags sind, einbringt. So wird es möglich, das Bewusstsein eines*einer Studierenden zu wecken. Positive Perspektiven bietet auch die Einrichtung eines interdisziplinären Kollegs zum Thema Nachhaltigkeit, mit dem versucht wird, die Gesellschaft durch die Entwicklung neuer Forschungsfelder für Fragen zu sensibilisieren, die in der Gegenwart, vor allem aber in der gemeinsamen Zukunft, von großer Bedeutung sind. 

DIE SONNEN- UND SCHATTENSEITEN

Dabei verwundert es wenig, dass einige Beteiligte eines Systems, das bisher gut funktioniert und Erfolge erzielt hat, einen gewissen Widerstand zeigen. Ebenso verständlich ist es, dass die Reform nicht in allen Punkten ohne Mängel ist. Doch zum jetzigen Zeitpunkt, an dem die Pläne zur Diskussion vorliegen, ist es ohne langfristigen Sinn, sich ohne gute Argumente dagegen zu sträuben und denjenigen, die sich um Kompromisse bemühen, Hindernisse in den Weg zu legen. An diesem Punkt wäre es effektiver, die Stärken zu finden und sie als solche zu schätzen, sodass man dann an Schwächen gemeinsam arbeiten kann. Die Absicht der Reform, die Strukturen neu zu ordnen, ist notwendig. 

Foto: Shutterstock / Andrea Schernthaner
Dieser Artikel ist im PUNKT. 02/20 erschienen.