Umstrukturierung

(K)Ein Ausweg aus dem Sparprogramm

Mit Hendrik Lehnert, dem seit etwa einem Jahr eingesetzten Rektor der Paris Lodron Universität Salzburg, kam auch das drohende große Minus der PLUS an die Öffentlichkeit. Zu diesem Zeitpunkt soll der Bildungseinrichtung ein Verlust von bis zu zehn Millionen Euro gedroht haben. Das Defizit konnte bereits durch substantielle Maßnahmen verringert werden, soll jedoch künftig durch konsequente Maßnahmen vollständig ausgeglichen werden – auf Kosten der Studierenden. 

Meinung von Julia Ostermann

Bis Ende Oktober 2020 sollte das Budget für die Leistungsperiode 2022 bis 2024 der österreichischen Universitäten festgelegt werden, die Bekanntgabe der genauen Aufteilung verschob sich aber nach hinten. Was zu diesem Zeitpunkt aber bereits sicher war: 12,3 Milliarden Euro werden vom Bund bereit gestellt, um den Österreicher*innen ein beinahe gebührenfreies Studium zu ermöglichen. In der letzten Leistungsperiode, von 2019 bis 2021, standen insgesamt elf Milliarden Euro zur Verfügung – 1,3 Milliarden weniger, eine einfache Rechnung. Jetzt stellt sich der*dem aufmerksamen Leser*in eine gute Frage: „Warum dann ein Sparprogramm?“ Trotz der erhöhten Budgetsumme ist dieses Geld, wie so vieles in unserer leistungsorientierten Zeit, an bestimmte Zielvorgaben gebunden. Im Gegenzug zur Auszahlung muss jede Universität, damit auch die Paris Lodron Universität Salzburg, eine Leistungsvereinbarung vom Bundesministerium unterzeichnen, in der festgelegt wird, welche Zielvorgaben in Forschung, Bildung und Wissenschaft erreicht werden müssen. Dieses öffentliche Finanzierungssystem nennt sich „Universitätsfinanzierung Neu“ und wurde Anfang 2019 grundlegend erneuert. 

Vor allem hat sich die Politik an der Zahl der Studierenden, die ein Studium in der Regelstudiendauer von sechs Semestern nicht beenden, gestoßen. Laut dem Zusatzbericht der Studierenden-Sozialerhebung 2019 des Instituts für Höhere Studien (IHS) haben das lediglich sechs Prozent der Bachelor-Studienanfänger*innen des Wintersemesters 2012/13 geschafft. Obwohl man 12.000 Euro pro Studierende*n in Österreich aufwendet – vielleicht zu wenig? In Deutschland belaufen sich die Aufwendungen auf 16.500 Euro und in der Schweiz auf satte 47.000 Euro pro Student*in. Dabei erinnert das Ganze an eine provisionsorientierte Firma. Möglichst wenig investieren, um zeitgleich viel Gewinn zu machen. Man will keine Studierenden mehr, die Monate und Jahre über ihre Mindeststudienzeit hinaus studieren und noch weniger jene, die ihren Abschluss am Ende ohnehin nicht machen. Verlorene Investitionen, die der Wirtschaft nichts einbringen. Wer schon in der wirklichen Arbeitswelt gearbeitet hat, weiß, wie erbarmungslos und maschinell es sein kann, nur nach Leistung und Ertrag beurteilt und gefördert zu werden. 

Man will keine Studierenden mehr, die Monate und Jahre über ihre Mindeststudienzeit hinaus studieren und noch weniger jene, die ihren Abschluss am Ende ohnehin nicht machen. 

Rektor Hendrik Lehnert möchte mit seinen Umstrukturierungsplänen die Paris Lodron Universität Salzburg aus den roten Zahlen katapultieren. Vor einem Jahr soll die Bildungseinrichtung mit bis zu zehn Millionen Euro im Minus gewesen sein. Um künftig Geld zu sparen, sollen einerseits Fachbereiche wie Romanistik und Slawistik sowie Linguistik und Germanistik zu einem fusioniert werden, andererseits neue Strukturen für gewinnbringende Studien geschaffen werden. Diese drastischen Maßnahmen werden scharf kritisiert und vor allem deshalb nicht verstanden, weil noch keine eindeutige Begründung vorliegt, was damit erreicht werden kann und soll. Auch die drastische Kürzung von 40 Prozent der Studienassistenz-Stellen wird hinterfragt, sie geht mit einer schlechteren Betreuung der Studierenden einher. Die Kürzungen und Einschränkungen sollen, laut Lehnert, aber nur eine einmalige Aktion sein. Solange, bis sich das Budget der PLUS wieder aus dem Minus befördert hat. 

Eine Universität ist ein Ort der Forschung, des Lehrens und des Lernens.

Als Anregung: In den USA verfügen viele Universitäten als Alternative zu solchen Maßnahmen häufig über sogenannte „Endowments“. Das sind langfristige, spendenfinanzierte Finanzanlagen für gemeinnützige Einrichtungen, die hauptsächlich auf privaten Spenden basieren. Meist stehen erfolgreiche Absolvent*innen dahinter, die ihrer Universität mit großzügigen Spenden etwas zurückgeben möchten. Solche finanziellen Mittel stehen langfristig zur Verfügung und schaffen eine gewisse Unabhängigkeit von öffentlichen Geldern. In Österreich gibt es derzeit noch keine Methode zur Finanzierung für Universitäten und deren Forschung, die einem „Endowment“ gleichen würde. Dies wäre aber eine überlegenswerte Alternative zu den Maßnahmen, die die Universität Salzburg in Zukunft auf sich nehmen muss. Mit Sicherheit gibt es großzügige Spender*innen, wie etwa Personen aus erfolgreichen Unternehmen, die durch eine Unterstützung dieser wertvollen Bildungseinrichtung einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft leisten können – ohne sich eine zermürbende Gegenleistung zu erwarten. 

Jede*r Studierende soll sich individuell entwickeln und bilden können. 

Es ist verständlich, dass die Paris Lodron Universität Salzburg ihren drohenden Verlust abwenden will und daher Maßnahmen setzen muss – aber nicht um den Preis ihrer Vielfalt und ihrer eigentlichen Bedeutung. Eine Universität ist ein Ort der Forschung, des Lehrens und des Lernens. Hier soll keine Ausbildung nach striktem Plan stattfinden, sondern jede*r Studierende soll sich individuell entwickeln und bilden können. Gerade das macht den großen Unterschied zwischen Bildung und Ausbildung aus. Wenn uns dieser feine Unterschied durch wirtschaftliche Ziele genommen würde, wäre die Zukunft bestimmt profitabel, aber weit nicht so facettenreich an Menschen mit unterschiedlichsten Talenten und Berufungen. Daher sollten nicht die Studierenden und Angestellten der Universität Salzburg die Leidtragenden dieser misslichen Lage sein. Prioritäten müssen neu gesetzt und Entscheidungen überdacht werden, um die PLUS weiterhin als die großartige und vielfaltige Bildungseinrichtung zu erhalten, als solche sie schon seit Jahrzehnten besteht. 

Titelbild: Shutterstock / Andrea Schernthaner
Dieser Artikel ist im PUNKT. 02/20 erschienen.