Behind the scenes of science
Bei all den anderen Praktika da draußen könnt ihr euch eine Pflichtpraxis am Fachbereich selbst überhaupt nicht vorstellen? Das geht wohl den meisten so. Warum es sich dennoch lohnt, erfahrt ihr im folgenden Beitrag.
Jede*r kennt sie, die Suche nach einem interessanten, coolen, im Idealfall auch karrierestartenden Praktikum. Neue Einblicke sollte es gewähren, uns vielleicht einen Anstoß zur Berufswahl geben und auch noch Platz neben Uni, Arbeit und Freizeit finden. Wer nicht gerade das Glück hat, 48-Stunden-Tage zu leben, kann mit all diesen Dingen schon ziemlich ans eigene Limit gelangen. So ähnlich erging es mir, als ich mich um die Forschungspraxis beworben habe: mit zwei pflegebedürftigen Familienmitgliedern, meinem Studium und dem Abfassen von Werbetexten habe ich mich da ziemlich ausgelastet gefühlt. Nachdem das Praktikum nun einmal verpflichtend ist und ich trotz allem etwas machen wollte, das mich persönlich anspricht, habe ich mich im letzten Winter um eine Stelle als Forschungspraktikant an unserem Fachbereich beworben.
Der Wahnsinn im Literaturverzeichnis
So viel zu mir und meinen anfänglichen Beweggründen. Ich hatte das Glück, mich zu einer Zeit zu bewerben, in der Drin Martina Thiele gemeinsam mit angehenden Doktorand*innen an einer neuen Publikation zum Thema geschlecht_transkulturell arbeitete. Diese stellte sich als ziemlich arbeitsintensiv heraus und so war relativ schnell klar, dass Bedarf nach einer zusätzlichen Kraft gegeben sein würde.
Nur: Wo genau kann ein*e Praktikant*in bei einer wissenschaftlichen Veröffentlichung überhaupt eingesetzt werden? Immerhin benötigt das Verfassen eines wissenschaftlichen Textes ein hohes Maß an fachlicher Expertise, das im Bachelorstudium noch niemand mitbringen kann – außer im Lektorat. Und so wurde ich – um das abschließende Zeugnis zu zitieren – für insgesamt sechs Monate „akademischer Lektor“. Meine Aufgabe bestand im Wesentlichen darin, die eingereichten Beiträge zu lesen, sie auf den Zitationsstil hin zu überprüfen und zu korrigieren, die Formatierung einheitlich zu gestalten und die Texte anschließend zur inhaltlichen Überprüfung weiterzuleiten.
Klingt wahrscheinlich eher trocken, ist aber in der Praxis viel anspruchs- und verantwortungsvoller, als zu vermuten wäre. Wenn ihr einmal ein 5-seitiges Literaturverzeichnis rigoros löschen und neu machen musstet, weil sowohl Formatierung als auch Zitierstil komplett zerstört waren, könnt ihr euch vorstellen, in welchen Grenzbereichen sich ein Forschungspraktikum an unserem Fachbereich bewegen kann. Oder ihr müsst einen englischsprachigen Text sprachlich glätten und an wissenschaftliche Standards anpassen – eben erwähnte Neugestaltung der Verzeichnisse inklusive. Da seid ihr für jede Tasse Kaffee und für jeden Text, in dem nur die Schriftgröße angepasst gehört, unglaublich dankbar.
Von Deadlines, Fußnoten und vielen E-Mails
Des Weiteren galt es während meines Praktikums auch, mit den Doktorand*innen Schriftverkehr zu halten. Diese arbeiten im Rahmen der doctorate school PLUS an gemeinsamen Publikationen, forschen und schreiben an ihren Dissertationen. Sie kommen aus unterschiedlichen Forschungsbereichen der Kommunikationswissenschaft. Von Gender Studies über Cultural Studies bis hin zu theologisch fundierter Forschung ist bei dem Projekt eine Fülle unterschiedlichster Ansätze vertreten.
Dementsprechend musste ich mich als Praktikant auch auf jeden zu untersuchenden Text und den anschließenden E-Mail-Verkehr neu einstellen: Einblicke in die Arbeiten der jeweiligen Autor*innen gehörten da ebenso dazu wie derzeitige, aktuelle Forschungen in den Bereichen zu recherchieren und gelegentlich auch Quellenverzeichnisse zur weiteren Überarbeitung durch die Autor*innen vorzulegen. Selten habe ich mich auf der Uni in meinen Lehrveranstaltungen so vorbereitet und gescheit gefühlt wie während meines Praktikums.
Die Doktorand*innen selbst haben sich über meine Mitarbeit doch recht gefreut – zumindest haben sie mir immer das Gefühl gegeben, einen wichtigen Beitrag zum Entstehen der Publikation zu leisten. Denn Detailfragen wie die, ob Quellen jetzt im Fließtext oder in eigenen Fußnoten genannt werden, ob die Überschriften in Größe 13 oder doch 14 stehen sollen, selbst die Frage nach dem richtigen Einfügen von Bildern kann oft genug ganz schön anspruchsvoll sein.
Im Schriftverkehr stellte sich auch oft genug heraus, dass die Doktorand*innen ziemlich gestresst waren und die Stilvorgaben eher überflogen haben. Dementsprechend dankbar waren sie für die Lektoratsarbeit und haben weitergreifendes Feedback auch gerne in ihre Arbeiten einfließen lassen. Und nachdem das alles ziemlich viel Zeit beansprucht hat, konnten die meisten ihre ursprünglichen Deadlines nie einhalten. Das war zwar für die Projektleiterinnen und für mich manchmal ziemlich nervenaufreibend, aber mal ehrlich – wer kennt es nicht? Deadlines einzuhalten, das ist eine Kunst, die wahrscheinlich keine*r zu 100 Prozent beherrscht. Und es war wirklich angenehm, zu sehen, dass einen dieses Phänomen auch als Doktorand*in und darüber hinaus noch verfolgt.
Reich werdet ihr woanders
Aber neben all meinem Storytelling müssen natürlich auch ein paar Fakten zum Forschungspraktikum her. Die Dauer betrug bei mir sechs Monate (24 Wochen á 20 Stunden), eine Anmeldung mit Unfallversicherung erfolgte. Mit der Bezahlung war das so eine Sache, da sowohl Frau Drin Thiele als auch ich nur gespannt darauf warten konnten, ob die Bezahlung des Praktikums von der Curricularkommission und dem Rektorat genehmigt werden würde.
Nach einigem Hin und Her wurde letztendlich ein unbezahltes Forschungspraktikum daraus – da laut Fachbereich die Mittel für eine Bezahlung fehlen würden. Da ich aufgrund der Krankheiten in meiner Familie derzeit noch mit ihr gemeinsam lebe und nebenher während des Praktikums stets Einnahmen hatte, war das jetzt kein Beinbruch für mich. Allerdings ist die finanzielle Unsicherheit des Fachbereichs ein Faktor, den ihr unbedingt berücksichtigen solltet, falls ihr euch für ein Forschungspraktikum bewerben wollt. Denn egal ob das Praktikum bezahlt wird oder nicht: Reich(er) werdet ihr sicher in anderen Unternehmen.
Fazit
Zusammenfassend kann ich zu meiner Zeit als Praktikant am Fachbereich sagen, dass ich sie trotz der Nicht-Bezahlung und mancher Wutanfälle über dem Microsoft-Office-Paket sehr genossen habe und die Entscheidung, sechs Monate als akademischer Lektor zu wirken, ganz sicher nicht bereue. Wenn ihr mich nun fragen würdet, was ich mir vom Praktikum mitnehmen kann, dann ist es zum einen, dass auch Doktorand*innen am Ende des Tages oft bei ganz grundlegenden Dingen anstehen. Mir meine Arbeit einteilen zu können, um bei Bedarf auch zu Hause zu sein, war auch ein großer Vorteil. Und die mir übertragene Verantwortung im korrekten Umgang mit wissenschaftlichen Texten war stets ein schönes und bereicherndes Gefühl. Wenn ihr zeitlich und finanziell also etwas Luft zum Atmen habt und einmal sehen wollt, wie die Forschung am Fachbereich im Detail abläuft, kann ich euch eine Forschungspraxis echt ans Herz legen.
Der Weg zur Forschungspraxis
Für Forschungspraktika gibt es am Fachbereich meist keine Ausschreibungen. Das Curriculum erwähnt lediglich vorab genehmigte Mitarbeit an Forschungsprojekten am Fachbereich Kommunikationswissenschaft.
Genauere Informationen finden sich auf der Website des Fachbereichs unter www.kowi.uni-salzburg.at.