Tauscht nicht nur die Türschilder!
Statt auf die erfolgsbringende Wirkung der Umstrukturierungen zu warten, sollte die Paris Lodron Universität Salzburg sich lieber auf ihre Stärken besinnen und dabei längst überfällige Baustellen nicht vergessen.
Text: Manuel Gruber
Obgleich für alle Beteiligten nach dem Lockdown im Frühjahr und der zumindest teilweise ungenügenden Umsetzung der Distanz-Lehre wohl eigentlich etwas Zeit zum Konsolidieren und Vorbereiten des kommenden Studienjahres notwendig gewesen wäre, gingen spätestens ab Ende Juni (teilweise) kritische Wogen gegen die Reformvorhaben des Rektorats Lehnert hoch. Nicht nur gegen die Pläne an sich, sondern auch gegen die Kommunikation, die das Rektorat an den Tag legte und nach wie vor legt. Als junger, von Wissenschaft und seinen Prinzipien überzeugter, und politisch denkender Mensch sollte man grundsätzlich immer dafür sein, dass Prozesse und Strukturen auf ihre Qualität hin untersucht, transparent evaluiert und laufend verbessert werden – wenn dies im Sinn der Sache ist. Innovation ist gut und sinnvoll, denn ansonsten wäre auch keine Entwicklung möglich. Sprich für eine Universität: Wenn es dadurch möglich ist, die Lehre und Forschung im Sinne der Studierenden, der Forscher*innen und Lehrenden zu verbessern.
Dazu gehört nicht, dass man versucht, eine jahrzehntelange Tradition eines Fächerkanons in Studium und Forschung von heute auf morgen umzuwerfen und ganz andere Bereiche zu setzen, nur weil man sich dadurch mehr Förder-Gelder für die Universität und damit vielleicht letztlich auch mehr Gelder für den eigenen Gehaltsstreifen verspricht. Oder weil man mit diesen Plänen Politiker*innen auf Landes- und Bundesebene gefallen will oder sich dadurch erhofft, einen weltbewegenden Minimalsprung auf einem internationalen Ranking zu schaffen. Das droht aber der PLUS: Während man die Kulturwissenschaften durch Fachbereichszusammenlegungen und dadurch vorprogrammierbares sich-innerlich-Zerfleischen um Budget, Professuren und Co. langsam verhungern lässt, fördert man mit dem natur- und datenwissenschaftlichen Sektor zwei Bereiche, die ohnehin schon sehr drittmittelaffin sind. Ganz gemäß dem Matthäus-Effekt: „Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat.“
Dabei gäbe es genug zu tun, was die Paris Lodron Universität Salzburg vielmehr umsetzen müsste und wozu in vielen Bereichen einfach der Mut und ganz klar der Wille in den letzten Jahren gefehlt hat. So hat die Corona-Pandemie einmal mehr gezeigt, dass wir als Universität enormen Aufholbedarf bei der Digitalisierung haben: Eine sinnvolle Verknüpfung von digitalen und analogen Lehr- und Lernelementen, die notwendige technische Ausstattung von Lehrenden und Studierenden, die didaktisch-pädagogische Unterstützung von Lehrenden etwa durch verpflichtende Didaktik-Schulungen, um die neuen Technologien im Sinne des Lernerfolgs und der Studierenden einsetzen zu können, oder durch die Digitalisierung vereinfachte Verwaltungsprozesse sind dabei nur einige wenige Punkte.
Auch in puncto Studierbarkeit wäre die Abschaffung von künstlich eingezogenen Voraussetzungsketten und von bürokratischen Hürden, etwa bei der Anerkennung von Prüfungsleistungen (z. B. bei Auslandsaufenthalten), längst überfällig. Ebenso würde eine freiere Gestaltung von Studien oder das Einhalten der studienrechtlichen Bestimmungen durch die Lehrenden eine positive Wirkung haben. Auch in Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Studium und Erwerbstätigkeit und Betreuungspflichten, dem Abbau von Barrieren für Menschen mit physischer oder psychischer Disability sowie der Förderung von Transparenz und eines offenen Dialogs mit und zwischen allen Universitätsangehörigen gibt es noch genug zu tun für die nächsten Jahren. Erst dann wird die PLUS wirklich eine attraktive Leuchtturm-Universität nach Innen und nach Außen sein – ohne die Türschilder an den Büros der Fakultäten und Fachbereiche ausgetauscht zu haben.